In jedem Fall – und das bezieht sich auf jeglichen Ausrüstungsgegenstand in der Reiterei – muss der Nutzer Kenntnis und Verständnis um Wirkung und Funktion seiner Werkzeuge haben.Kommen wir also zum zunehmend beliebter werdenden Ordnungsbereich der gebisslosen Reitzäume. Sicher gibt es Diskussionen über den Sinn, die Gefahr oder den Nutzen gebisslosen Reitens: dafür oder dagegen … aus Prinzip, Unwissen oder Unsicherheit bringen sich kompromisslose Kritiker um eine Chance. Niemand sollte Ausrüstung einsetzen, deren Funktion er nicht vertraut, doch manches spricht für einen Versuch.
Gebisslos ist nicht automatisch mild
► Unmittelbar wirkende Nasenbänder und Halfter (die Kraft des Zügelanzugs entspricht dem Druck an der Kontaktzone der Zäumung
Beispiele: klassische Hackamore (Westernbosal), Sidepull, Kolumbianisches Bosal, Halfter, Kappzaum, südamerikanische Bozals

Links: Sidepull aus gewachstem Lassoseil
Mitte: – aus rundgenähtem Leder
Rechts: – aus geflochtenem Rohleder mit passenden Rohlederzügeln
Das Sidepull ist hierzulande eine der meist genutzten gebisslosen Zäumungen. Modelle ohne zusätzlichen Ganaschenriemen können leicht zum Auge hin verrutschen.
► Gebisslose Zäume mit verstärkender Mechanik oder Bauart (Zugkraft wird umgelenkt und meist verstärkt auf Genick, Nase und Kinn gebracht)
Beispiele: mechanische Hackamore, Kellymore, Merothisches Reithalfter, Spanischer Kappzaum
► Halsring (sofern man hier überhaupt noch von Zäumung sprechen möchte)

Weniger als eine Zäumung: der Halsring. Selbst wo Vertrauen und Einzäunung perfekt sind bleibt ein Risiko. Solcher Übung gehen oft jahrelange Gemeinsamkeit voraus. Das abgebildete Dülmener Wildpferd ist seit mehr als 20 Jahren bei seiner Reiterin und bei aller Freude ist nur eines sicher: kein Pferd ist immer und ausnahmslos berechenbar.
(Foto: Raimund Hesse)
Von einem weit verbreiteten Vorurteil muss man sich verabschieden: gebisslos ist nicht automatisch mild! Ebenso wie bei den Kopfstücken samt Gebiss gibt es auch hier Modelle mit erheblich kraftverstärkender Mechanik.

Dieses aus Argentinien stammende Kopfstück ist aus Chromleder gefertigt und mit Nickel verziert. Die gebisslose (!) Zäumung vereint die Funktion einer mechanischen Hackamore mit dem Kappzaum (ähnlich dem spanischen Kappzaum). Die auffallend kurzen geschlossenen Zügel geben einen Hinweis darauf, dass der Reiter diese auch mal auf dem Pferdehals ablegt wenn er seine Hände anderweitig braucht: Ein für seinen Einsatz durchdachter aber verhalten prunkvoller Arbeitszaum.
Pferdeseite.TV Tanja Mundt-Kempen