Wie die Tiere ausbrechen hätten wir geklärt. Kommen wir nun zu der Frage:
Ausbruch – warum?
Besonders verständnisvolle Tierfreunde behaupten: “ Das liegt in der Natur der Sache“. So ganz Unrecht haben diese Pferdeversteher nicht. Pferde sind verspielte Lauf- und Herdentiere die fast immer Hunger haben. Für das Ausbrechen sind Triebe wie Spieltrieb, Hunger, Angst oder Herdentrieb verantwortlich.
Der Zaun gegen die Pferdenatur: unverzichtbar!
Beim Pferdehalter liegt also die Verantwortung, die Weideflächen und Einzäunungen dem Tierrisiko entsprechend zu wählen und zu sichern. Bei Hengsten wird der vorausschauende Mensch eine Weide wählen, die nicht unmittelbar an eine Stutengruppe grenzt und den Fortpflanzungstrieb übermäßig reizt. Der ausgeprägte Spieltrieb der Nachwuchsrüpel gebietet neben gut sichtbarer Einzäunung auch eine ordentliche Flächengröße.
Der Lauftrieb bei Vollblütern jeden Alters ist sicher größer als beim Percheron. Neben der guten Sichtbarkeit des Zaunes ist eine ausreichend lange Seite zum Gas geben und bremsen einzuplanen. So manches Wettrennen endete schon im Zaun und nicht davor.
Wenn das Gras auf der anderen Seite des Zaunes grüner und reizvoller ist als am Soll-Standort treibt Hunger die pfiffigen Ponys unter dem Zaun hindurch – es sei denn, das Material ist mit kurzem Pfostenabstand, dicht gesetzten Riegeln und/oder ausreichend stromführenden Litzen versehen.
Weiden an vielberittenen Wegen können den Herdentrieb der Pferde stimulieren. Bei dem Versuch, den passierenden Artgenossen zu folgen, landen sie womöglich im spitzen Winkel der Weide. Hier ist der Pferdehalter gefragt, kluge Grundrisse festzulegen. Das heißt auch schon mal, einen spitzen Winkel abzurunden und ein paar Quadratmeter Fressfläche der Sicherheit zu opfern.
Keine Standardempfehlung, der Einzelfall zählt
Beim Außenzaun sollten keine Kompromisse gemacht werden. Innerhalb einer Weide abgeteilte Portions- und Trennzäune können oft mit geringerem Aufwand errichtet werden. Natürlich gibt es wirtschaftliche Grenzen bei der Einfriedung der Weideflächen. Aber die absolut und in jeder Situation ausbruchsichere Einzäunung für alle Pferde ist unrealistisch. Das heißt nicht, dass improvisierte Schrottverwertung in Kniehöhe akzeptabel wäre.
Die Pflicht des Pferdehalters ist es, die maximal mögliche und vernünftige Investition zu tätigen, um seine Herde angemessen sicher zu verwahren. Hierzu gibt es zwar Empfehlungen und eine Vielzahl von Gerichtsurteilen, doch ist keine Situation wie die andere. Kein Pferd gibt es zwei Mal und ob der Auslauf neben der Autobahn oder auf einer einsamen Alm liegt gehört auch berücksichtigt. Das Springvermögen eines 190 Zentimeter hohen Shire-Seniors ist anders einzuschätzen als beim gesunden 7 jährigen Hannoveraner – obwohl dieser 15 cm kleiner ist. Gesunder Pferdeverstand, kluges Weidemanagement und angemessen hohe, stabile und sichtbare Zäune: das ist eine ordentliche Versicherung gegen Ausbruch. Und sollte trotz aller Achtsamkeit ein Pferd jenseits des Zaunes Schaden anrichten, bleibt dem Tierhüter hoffentlich eine gute Versicherung und ggf. ein Gutachter, der den Einzelfall sachlich bewertet.
Pferdeseite.TV Tanja Mundt-Kempen